Ansichtskarten? Eine aussterbende Spezies!

Unaufhaltsam naht sie nun wieder, die Urlaubszeit. Für die meisten schwer gestressten Arbeitnehmer ist es eine Auszeit für Erholung, die einen oftmals in exotische Gefilde führt.
Wie jedes Jahr um diese Zeit, gehört es zu meinen Reisevorbereitungen, mein Adressbuch herzurichten, um meinen Freunden und Bekannten dann vom Urlaubsort einen bebilderten Gruß im Format 10,5 x 15cm in Form einer Ansichtskarte zukommen zu lassen.

Allerdings muss man sie im Zeitalter sozialer Netzwerke, von Twitter, Skype und MMS zu den bedrohten Arten zählen, so meine Erfahrung.
Ob nun die gute alte Ansichtskarte bereits auf die ‚rote Liste‘ der vom Aussterben bedrohten Kommunikationsmittel gehört, ist zwar fraglich, aber dass ein deutlicher Abwärtstrend seit dem Jahr 2000 hinsichtlich verschickter Ansichtskarten zu verzeichnen ist, ist unbestritten und statistisch belegt.

Nun, was spricht eigentlich dafür, diese, in den Augen Vieler, antiquierte Art, Grüße vom Urlaubsort zu senden, beizubehalten?
Auf den ersten Blick nicht viel. Jedes Mobiltelefon ist mittlerweile in der Lage, passable Fotos zu schießen, welche direkt vom Strand, oder noch besser, direkt aus der Strandbar, versehen mit launigem Text, an die Daheimgebliebenen versendet werden können. Von selbst gedrehten Videos, kurz und problemlos auf YouTube hochgeladen, ganz abgesehen.

Keine Jugendherberge und kein Campingplatz, geschweige denn Hotel, könnte mehr Gäste anlocken, wäre da nicht die ‚Internet Ecke‘ mit E-Mail Zugang oder Skype Ausstattung. Und selbst an entlegensten Orten der Welt gibt es Internet Cafes, die für kleines Geld anbieten, mit den Freunden Kontakt aufzunehmen und diese an den Urlaubsfreuden teilhaben zu lassen.
Eine Umfrage unter Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren hat sogar ergeben, dass vielen gar nicht bekannt ist, ob und wie eine Ansichtskarte zu frankieren und zu beschriften ist. Viele glaubten gar, man müsse diese Karten zwingend in einen Umschlag stecken, damit sie von der Post transportiert werden könnten. Die Schätzungen, was eine Briefmarke kostet, reichten von 1 Cent bis 1 Euro.

Was also spricht für die Ansichtskarte?

Dazu muss man die Angelegenheit aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten. Mich persönlich freut es einfach, Ansichtskarten aus vielen Ecken dieser Erde zugeschickt zu bekommen und, um ganz ehrlich zu sein, die meisten der darauf abgebildeten Sehenswürdigkeiten oder Landschaften hätte ich selbst am Ort des Geschehens nie so „aufgehübscht“ ablichten können. Wie freue ich mich am Ende des Sommers über die an die Pinnwand gehefteten, bunten Urlaubsgrüße. Nicht ganz ohne Neid schweift mein Blick dann über diese kleine Galerie und ich weiß doch andererseits, dass auch meine Kartengrüße – zumindest temporär  – irgendeine Wand zieren. Zugegebenermaßen bemerke ich ebenfalls, dass es von Jahr zu Jahr weniger Exemplare werden, doch könnte das auch an einer gewissen Schreibfaulheit liegen, die einen regelmäßig während des Urlaubs befällt. Und schließlich sende auch ich nur an die Freunde analoge Grüße per Ansichtskarte, die ebenfalls an mich gedacht haben. Letztlich bleibt ja demjenigen, der bereits die x-te Postkarte aus einer der Touristenhochburgen erhalten hat, immer noch die Freude über die bunten Briefmarken, selbst wenn er nicht unbedingt Numismatiker ist.

Das Sammeln von Ansichtskarten in entsprechenden Alben war in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts ein gar nicht ungewöhnliches Hobby und sogar auf unserem Dachboden lagern noch Relikte aus dieser Zeit. Sollte ich vielleicht mal über E-Bay zu Geld machen. Zumindest diese Aussicht macht Hoffnung, dass die gute alte Ansichtskarte im Kreise der digitalen Mitglieder der Kommunikationsfamilie zumindest einen schönen, gemütlichen Altersruhesitz behält.

In diesem Sinne, schönen Urlaub und viele Grüße.

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